Moderation – Führungskräfteentwicklung mit Feedback-Meetings

Es macht Sinn, am eigenen Führungsstil zu arbeiten. Feedback-Meetings sind ein hocheffizientes Instrument der Führungskräfteentwicklung

Viele Führungskräfte verspüren in ihrer beruflichen Rolle den Wunsch nach mehr Sicherheit oder verbesserter Wirksamkeit und machen sich daher auf die Suche nach dem „richtigen“ Führungsstil. Sie treffen dabei auf zahllose Seminare, Trainings und Ratgeber, die ihnen eine jeweils „ultimative“ Lösung versprechen. Dass genau diese Vielzahl angebotener „Patentlösungen“ an sich schon unglaubwürdig wirkt, ist das eine. Bei genauerem Hinsehen wird dann aber auch deutlich, dass selbst der „richtigste“ Führungsstil an einem Grundsatzproblem scheitern muss: „Was dem einen gut tut, ist für den anderen unerträglich, vielleicht sogar eine Provokation, da man den anderen oft nach der eigenen „Gebrauchsanweisung“ behandelt“ (Thomann, 2008).

Dabei ist es egal ob es sich um die eigene oder eine antrainierte „Gebrauchsanweisung“ handelt: Man wird nicht jeden Mitarbeiter in jeder Situation mit einem „Stil“ optimal führen können. Ist aber damit die Suche nach dem richtigen, oder zumindest nach einem verbesserten Führungsstil sinnlos?

„Führungsstil ist nicht wichtig“

Fredmund Malik geht in seinem Managementklassiker „Führen, Leisten, Leben“ soweit zu sagen, „Führungsstil ist nicht wichtig“. Seine Auffassung begründet er damit, dass sowohl kooperativ wie auch autoritär führende Manager in gleichem Maß erfolgreich sein können, wie sie auch Fehler machen und scheitern können. Folglich ist der Führungsstil für Malik in dem Sinn unwichtig, dass dieser nicht einen unmittelbaren Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg der jeweiligen Führungs- und Managementarbeit hat. Vertrauen als Voraussetzung für Motivation und Motivation als Grundlage für den Erfolg könne eine Führungskraft nur über persönliche Werthaltungen wie Anstand, Integrität, Konsistenz, Vorhersehbarkeit und Verlässlichkeit schaffen. Diese Werthaltungen seien aber weitgehend keine Fragen des Führungsstils.

Versteht man diese Werte und Haltungen allerdings als kulturell vermittelte Leitlinien zum Verständnis bzw. Erleben der Welt, dann haben Werte und Haltungen auch tiefreichenden Einfluss auf das Verhalten von Führungskräften gegenüber ihren Mitarbeitern. Die Frage „wie möchte ich andere Personen führen“ sollte daher nicht nur auf die oberflächliche Außenwirkung der Führungskraft zielen, sondern auf Hintergründe des Führungsverhaltens und deren Auswirkungen auf das berufliche Umfeld.

Während Malik „Führungsstil“ also eher als etwas Oberflächliches begreift, zielt die viel gestellte Frage nach dem empfehlenswerten Führungsstil eher darauf zu erkennen, wie man selbst als Führungskraft „funktioniert“ und was man damit in dem eigenen beruflichen Umfeld an erwünschten und unerwünschten Wahrnehmungen, Empfindungen und Verhalten auslöst. Führungsstil als Ausdruck persönlicher Werte und Haltungen ist so gesehen doch wichtig und ergebnisrelevant. Mit welcher Methodik sollte man aber an seinem Führungsstil arbeiten?

Den persönlichen Stil finden und reflektieren

Christoph Thomann empfiehlt dazu: „Führungsstile können nicht trainiert werden und sollten das auch nicht, weil die Mitarbeiter nicht von einem antrainierten Rollenverhalten geführt werden wollen, sondern von einem richtigen Menschen, gerade auch wenn er Ecken und Kanten hat, solange er bereit ist, seinen Führungsstil zur reflektieren“. Schulz von Thun hat mit dem „Inneren Team“ ein systemisches Reflexionsmodell entwickelt, das er im Wilhelm-Busch-Stil auf den Punkt bringt: „Willst du ein guter Leiter sein, so schau auch in dich selbst hinein.“ Die Reflexion über den eigenen (bzw. einen angemessenen) Führungsstil und dessen Wirkung auf Mitarbeiter, Motivation und Ergebnisse erfolgt bei beiden Autoren in dem systemischen Rahmen ihrer Kommunikations- und Persönlichkeitsmodelle.

Genau hier liegt der Unterschied zu den diversen Rezepten des „Management by…“: Es wird nicht eine prinzipielle Verhaltensempfehlung für alle Situationen, Unternehmen und Mitarbeiter gegeben, sondern ein methodischer Verfahrensvorschlag entwickelt, der der Führungskraft hilft, sich stimmig mit sich selbst (also auch dem eigenen „Stil“) und der Situation (u.a. den Zielen, Mitarbeiterpersönlichkeiten, Rahmenbedingungen) zu verhalten. Ergebnis dieser Arbeit ist eine integrative Führungspersönlichkeit, die sich ihrer selbst und ihrer Wirkung bewusst ist, bevor sie nach außen handelt, die den Mitarbeitern zuhört, bevor sie entscheidet und die Entscheidungen durchsetzt, ohne zu kommandieren.

Das hat nichts mit dem eher geschmähten „Kuschelkurs“ gegenüber Mitarbeitern zu tun, sondern mit (situativ) angemessenem und (persönlich) authentischem Führungsverhalten.

Der blinde Fleck als Reflexionsgrenze

coachingstation_arbeitsweise johari-fensterGrundlage für die Weiterentwicklung des eigenen Führungsstils ist folglich eine klare Analyse und Bewertung des Mitarbeiterverhaltens wie auch des eigenen Verhaltens. Das Riemann-Thomann Persönlichkeitsmodell und das Modell des Inneren Teams von Schulz von Thun bieten hierzu empirisch und methodisch erprobte Verfahren, die zugleich pragmatisch und handlungsorientiert sind. Auf diesem Weg der Reflexion stößt jede Führungskraft aber an eine Grenze, die Luft und Ingham mit ihrem Modell des „Johari-Fenster“ als den „Bereich des blinden Fleckens“ beschreibt: Das sind die Teile einer Person (es kann sich z.B. um Vorurteile, Handlungs- oder Reaktionsmuster, nonverbale Verhaltensanteile etc. handeln), die ihr selbst nicht bewusst sind, die aber für andere wahrnehmbar sind. Je kleiner der blinde Fleck ist, desto besser sind die Voraussetzungen für eine effiziente Führung und Gesprächsführung.

Wie kann Moderation aber die Führungskräfteentwicklung unterstützen, zur Verkleinerung des blinden Flecks und zur besseren Kenntnis des eigenen Verhaltens und seiner Wirkung auf die Mitarbeiter und Kollegen beitragen?

Feedback-Meetings – das metakommunikative Teamgespräch

Dazu sei eins vorweggeschickt: der blinde Fleck lässt sich auch gut in Vier-Augen-Coachings bearbeiten. Bei massiven Spannungen und Konflikten ist dieses Vorgehen unter vier Augen dem auf der „offenen Bühne“ sogar vorzuziehen. Wenn Spannungen und Konflikte aber unterhalb eines kritischen Maßes liegen, bieten moderierte Feedback-Meetings gegenüber Coachings den klaren Vorteil, dass sie nicht nur die Führungskraft, sondern auch ihr direktes berufliches Teamumfeld mit einbeziehen. So lernen alle am Teamsystem beteiligten Personen etwas über sich und ihre Außenwirkung. Der moderierte Austausch behält dazu die hierarchische Situation des Arbeitsalltags bei und lenkt zugleich den Blick auf das der Führungskraft bis dahin Unbekannte, den Teammitgliedern hingegen schon Bekannte. Kritische Stimmungen, Situationen und Verhaltensweisen, die auf den Führungsstil zurückzuführen sind, werden so ansprechbar und können ohne gegenseitige Schuldzuweisungen, Beleidigungen und Verletzungen ausgeräumt werden.

Der Ablauf

  • Vorgespräch zwischen Coach und Führungskraft, um das Vorgehen, Chancen und Risiken, Bedenken sowie Lösungsoptionen in möglicherweise schwierigen Gesprächssituationen o.ä. zu erläutern.
  • Einladung – Die Führungskraft lädt ihre Mitarbeiter oder Kollegen ein und benennt dabei direkt Anlass, Ziel, Erwartungen, Ablauf und Zeitrahmen des Gesprächs.
  • Setting – Das Gespräch außerhalb des normalen Arbeitsplatzes führen; nicht im Chefbüro und auch nicht in zeitlicher Nähe zu Jahresgesprächen o.ä.
  • Moderation – Um der Führungskraft ein aktives und konzentriertes Zuhören zu ermöglichen, wird das Gespräch durch eine neutrale (das heißt persönlich nicht in den Arbeitsalltag involvierte) externe Person geleitet.
  • Vorbereitung – Vor dem Termin innerlich auf die Metakommunikation einstellen.
  • Start – An dem vereinbarten Termin begrüßt die Führungskraft gibt eine kurze Einführung aus ihrer persönlichen Sicht.
  • Selbstklärung – Die Teilnehmer erhalten fünf bis zehn Minuten Rückzugs-, Erinnerungs- und Denkzeit.
  • Aussprache und aktives Zuhören
  • Bei Bedarf der Teilnehmer schließt sich eine Phase mit Ergänzungen/Klärungen an.
  • Moderierte Diskussion, die die Teilnehmer auf die Sach- und Beziehungsebene fokussiert.
  • Kurze Auswertungsrunde
  • Nachbereitung und Feedback durch die Führungskraft am Folgetag.

Literatur

Information Factory, 2015, Deutschland führt?! Eine Studie über Führung in Deutschland: Die wichtigsten Kompetenzen, Herausforderungen und Schlussfolgerungen für die strategische Personalarbeit.

Luft, J., Ingham, H., 1955, Johari Window. The Model.

Malik, F., 2001, Führen, Leisten, Leben. Wirksames Management für eine neue Zeit

Schulz von Thun, F. 1998, Miteinander Reden 3. Das „innere Team“ und situationsgerechte Kommunikation

Thomann, C. 2008, Klärungshilfe 2. Konflikte im Beruf. Methoden und Modelle klärender Gespräche

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